11.03.2024
Gruppenabend im BAJ Mehringdamm zum Thema Gleichberechtigung
Den diesjährigen Frauenkampftag am 8. März haben wir im BAJ Mehringdamm zum Anlass genommen, den monatlichen Gruppenabend zum ersten Mal nach jungen Frauen* und Männern* getrennt durchzuführen. Die jungen Menschen hatten so die Möglichkeit, das Thema Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern "unter sich" zu diskutieren. Beide Gruppenabende fanden im Büro statt, jeweils begleitet von einem Betreuer am 5. März und zwei Betreuerinnen am 7. März. In der Vorbereitung einigten wir uns auf eine bewusst offene Gesprächsrunde mit Keksen, Knabbereien und zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken für eine möglichst wohnzimmerähnliche Atmosphäre.
Beide Gruppenabende wurden mit Bezug auf den anstehenden 8. März und seine Bedeutung eingeleitet und nahmen dann inhaltlich unterschiedliche Richtungen.
Das Hauptthema des Gruppenabends mit den jungen Männern* war die Gleichberechtigung und bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern. Alle haben erzählt, was und ob dieser Tag in ihren Herkunftsländern etwas bedeutet. Wir haben die Themen Carework in Familie und Partner*innenschaft, Lohnarbeit und Gender Pay Gap, häusliche Gewalt bis hin zu Femiziden gestreift. Die jungen Männer* haben die Diskussion auch noch in den Bereich der sexuellen Selbstbestimmung, Beziehungsgestaltung, Romantik und Liebe bewegt. Es wurden teilweise ziemlich patriarchale und reaktionäre Standpunkte vertreten, diese wurden gleichzeitig aber auch (und nicht nur durch die Gegendarstellungen des Betreuers) immer wieder in Frage gestellt. Am Ende konnten alle etwas mit dem Thema verbinden und es war klar, dass Gleichberechtigung irgendwie richtig und wichtig ist. Die jungen Männer* haben den Betreuer auch gefragt, wie er die Sachen so sehe und so hat er einige bewusst ausgesuchte Themen aus seinem eigenen Leben und seinem Familien-und Beziehungsmodell erzählt (etwa am Beispiel von Care-Arbeit zuhause vs. Beruf) . Die jungen Männern* konnten mit diesem persönlichen Bezug mehr anfangen als mit Zahlen und Statistiken. Immer wieder machten einzelne junge Männer* Anstalten die Runde zu verlassen und hätten es in diesem offenen Format auch gedurft, die Eigendynamik der Diskussion verfing jedoch stets aufs Neue, so dass alle bis zum Schluss blieben.
Der Gruppenabend mit den jungen Frauen* startete mit Buttons mit antisexistischen Aussagen (zum Beispiel "No means No" und "Don't tell me to smile"), von denen sich alle einen aussuchen durften. Über die Wahl der Buttons war der Einstieg ins Thema der alltäglichen sexistischen Übergriffe schnell gegeben. Die jungen Frauen* teilten offen und anektdotenreich Erlebnisse aus ihren Leben. Die Betreuerinnen ergänzten einige ausgewählte eigene Erfahrungen (bspw. das Aufdringen von Handynummern, Kommentare auf das Aussehen oder den Körper), was zu der bitteren Erkenntnis führte, dass weder Alter noch Status oder Herkunft vor Sexismuserfahrungen schützen. Die geteilten Geschichten wurden in der Gruppe jeweils gemeinschaftlich verurteilt und manchmal auch herzlich belacht. Im Ergebnis konnten alle jungen Frauen* mitnehmen, dass sie im Erleben des täglichen Sexismus nicht allein sind und gegenseitige Unterstützung stärken kann.
Beide Gruppenabende verliefen erstaunlich kurzweilig mit einem interessierten und offenen Austausch zwischen den jungen Menschen. Alle haben sich aktiv beteiligt und trotz der schweren Themen kann die Stimmung an beiden Gruppenabenden als locker und befreit beschrieben werden, was zu einer persönlichen und vertrauten Gesprächsatmosphäre führte. Die jungen Menschen haben sich dort, wo es nötig war, gegenseitig durch Sprachmittlung unterstützt. So konnten sich alle an der Diskussion beteiligen und jede Person hat mindestens zweimal etwas gesagt (manche natürlich viel mehr).
Am Ende blicken wir dank der tollen jungen Menschen auf eine spannende und schöne Gesprächsrunde zurück. Das Format der getrennten Gruppenabende könnte sich für die Zukunft bewähren, zum Beispiel auch für sexualpädagogische Themen, denn teilweise gingen die Gespräche schon in diese Richtung.
Text und Fotos: Team Büro für Ambulante Jugendhilfe Mehringdamm